Geht da überhaupt noch mehr? Neuer Bridgestone Hypersport Battlax S23

Reifentests sind immer so ne Sache, da man im Grunde ja nur den einen in einer recht isolierten Art testet und erleben kann. Dennoch erlaube ich mir ein Urteil sprechen zu können, da ich nun auch schon die Vorgänger in eben solch isolierten Bedingungen habe testen und erleben dürfen. Und bisher gab es immer eine deutlich spürbare Evolution vom S20 EVO zum S21 und zuletzt zum S22, den ich als nahezu perfekten Straßenflitzer bezeichnen würde. Nun also der Battlax S23.

Für diese nächste Stufe an sogenannten Hypersport Reifen gingen die Japaner nach Südafrika auf eine der wohl legendärsten Rennstrecken meiner Jugend – den Kyalami Grand Prix Circuit vor den Toren Johannesburgs.

Etwas Geschichte zur Rennstrecke

Der Kyalami Grand Prix Circuit, in der malerischen Umgebung von Midrand (Gauteng, Südafrika), ist nicht nur eine Rennstrecke, sondern ein geschichtsträchtiges Kapitel im Motorsport. Seine Wurzeln reichen zurück bis zur Eröffnung im Jahr 1961, als eine Gruppe leidenschaftlicher Enthusiasten und visionärer Geschäftsleute beschloss, einen Ort zu schaffen, der den Puls des südafrikanischen Rennsports repräsentiert.

Die Anfänge des Kyalami Circuit waren bescheiden, mit einer eher kurzen und einfachen Streckenführung. Doch schon bald etablierte sich Kyalami als eine der führenden Rennstrecken Südafrikas. Die Strecke fand nicht nur lokale Anerkennung, sondern wurde auch international bekannt und schnell in den Formel-1-Kalender aufgenommen.

Die für damalige Zeiten anspruchsvolle langen Gerade mit Rechtsknick, überhöhte und nicht einsehbare Kurvenkombination sowie die atemberaubende Topographie, trugen dazu bei, dass die Strecke in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren zu einem festen Bestandteil der Formel 1 wurde. Fahrer aus aller Welt stellten sich der Herausforderung, Geschwindigkeitsrekorde zu brechen und die anspruchsvolle Streckenführung zu meistern.

Trotz seiner historischen Bedeutung und internationalen Bekanntheit musste der Kyalami Circuit in den 2000er Jahren aufgrund finanzieller Herausforderungen vorübergehend schließen. Die Strecke verfiel, und es schien, als ob die glorreichen Tage der Vergangenheit angehören würden. Doch wie in einem fesselnden Motorsportrennen, in dem sich das Blatt unerwartet wendet, erlebte der Kyalami Grand Prix Circuit eine spektakuläre Wiederkehr. Nach umfangreichen Renovierungen wurde die Strecke im Jahr 2016 zu neuem Leben erweckt und wiedereröffnet.

Heute steht der Kyalami Grand Prix Circuit nicht nur für eine reiche Vergangenheit, sondern auch für eine vielversprechende Zukunft im Motorsport. Die Strecke hat sich erneut als ein Epizentrum des südafrikanischen Rennsports etabliert und bleibt ein Ort, an dem Geschichte geschrieben wird und Motorsportträume leben.

Etwas zur Reifentechnik des S23

Ob die japanischen Ingenieure mit dem S23 auch Geschichte schreiben werden? Entwicklungstechnisch wurde jedenfalls einiges zum Vorgänger geändert. Direkt zu erkennen, natürlich das Profil. Hier wurden die Winkel sowie die Form und Länge etwas modifiziert, um insbesondere in Schräglage die Bewegung im Gummi zu reduzieren. Theoretisch reduziert sich dadurch auch der Verschleiß. Bei der Form wurde jedoch keine Änderung zum S22 vorgenommen.

In den hinteren Rillen findet sich nun auch die sogenannte Pulse-Groove, welche bereits im Battlax T32 erfolgreich für einen besseren Wasserfluss sorgen. Denn hier werden breiteren Rillenpassagen durch Deflektoren in der Mitte aufgeteilt, sodass der Wasserfluss von seinem linearen Fließverhalten abweichen muss. Durch diesen Kniff wird der Wasserstrom ausgeglichen, was in höheren Strömungsgeschwindigkeiten und somit auch in einer optimierten Wasserableitung mündet.

In der Chemieecke wurde selbstverständlich auch einiges neu zusammengemixt, sodass nun insbesondere auf den Flanken mehr Grip entstehen soll. Verschiedene Mischungen sind wie beim Vorgänger hinten 5 und vorne derer 3.

Laut Bridgestone konnte bei Vergleichsfahrten mit dem S22 auf einer Yamaha R1, 5% mehr Kurvenspeed erreicht und somit auch die Rundenzeiten verbessert werden. Im Nassen ist ein dreiprozentig kürzerer Bremsweg möglich sowie eine 4% schnellere Runde.

Der S23 sortiert sich gleich hinter dem RS11 ein. Weiterhin erhältlich soll aber auch der S22 bleiben, der S21 läuft dann wohl Schritt für Schritt aus. Erhältlich ist der Reifen ab Januar 2024 in den gängigen Supersportgrößen. Einen 200/60 ZR17 wird es aber wohl nicht geben, sodass Ducati Streetfighter V4 Treiber wohl nicht in den Genuss kommen wird einen Bridgestone zu erleben.

Das Testsetting

Erleben konnten wir den neuen Bridgestone Pneu aber auf den unterschiedlichsten Bikes. Angefangen bei kleinen Straßenflitzern wie der Honda Hornet, weiter über giftige KTM Dukes, dann auf sportlichen Tourern wie der KTM Super Duke GT oder auf Power Nakeds ala BMW M1000R. Natürlich durften Hypersportgeräten wie die Honda CBR1000RR-R Fireblade, Suzuki GSXR-1000R oder Yamaha R1 auch nicht fehlen. Also eine bund gemischte Bandbreite ein Motorradkategorien, wobei die Hauptzielgruppe sicher bei den Power Nackes und den Supersportlern liegen dürfte. Kleiner Spoiler schon man vorab, auf so einer tourentauglichen Super Duke GT, macht sich der Sportgummi aber auch richtig gut.

Vielleicht noch zwei Worte zum allgemeinen Setting. Natürlich sprechen wir bei S23 von einem Straßenreifen. Dennoch ist ein Test auf der Rennstrecke sinnvoll, da man nur hier bedenkenlos an die Grenzen des Gummis gehen kann. Sehr positiv fiel mir aber gleich auf, dass keinerlei Reifenwärmer verwendet wurden und wir also auch mit kalten Reifen direkt raus konnten.

Erster Turn – Kalt-Grip auf der Yamaha MT09

Genau diesen komplett kalten Reifen hatte ich gleich bei meiner ersten Ausfahrt auf der Yamaha MT09. Zwar ging es noch hinterm Guide auf die Strecke um selbigen etwas besser kennen zu lernen, doch zog er trotzdem gleich recht ordentlich an. Erst nach dem Turn wurde mir so richtig bewusst „Wow, die Gummis waren doch kalt!“. War auf jeden Fall gleich mal ein beeindruckendes Erlebnis und zeigte, dass der S23 sicher gut nach einem Kaffee-Stopp auf der Abendrunde, direkt wieder Leistung bringen kann und schnell auf Temperatur kommt.

Ausfahrt zu meinen ersten Runden mit der Yamaha MT09

Zweiter Turn – Harmonie auf der KTM 1290 Super Duke GT

Als zweites Gerät nahm ich mir die KTM 1290 Super Duke GT. Sicher kann drüber philosophiert werden, ob man einen Hypersportreifen auf ein doch eher auf Tour ausgelegtem Bike fahren sollte. Aber warum denn nicht? Man ist ja auch nicht immer im Tourenmodus unterwegs und mit so nem Power Tourer, wie es die Super Duke GT nun mal ist, möchte man auch mal Grip ohne Ende haben.

Und wie geil ist das, entspannt liegend hinter einer Tourenscheibe, die Startziel runterzubrennen und bei 245 Km/h alles an Bremsleistung rauszuholen, die Fuhre auf der Bremse in die erste Links zu legen, dann schnell auf Rechts umzulegen, den kleinen Berg gerade hoch zu stechen und dann ab in die nächste Links zu einzuliegen, bevor es mit Vollgas auf ne längere Gerade geht. Mächtig! Und vor allem spielerisch leicht auf der GT. Eine wirklich harmonische Einheit und mit Wahnsinns Schub nach vorne.

Auch auf einem Power-Tourer ala KTM 1290 Super Duke GT eine Top Bereifung

Dritter Turn – unerwarteter Nass-Grip-Test auf der BMW M1000R

Die Strecke war mir inzwischen deutlich vertrauter und so wollte ich nun die nächste Stufe mit der mächtig starken BMW M1000R zünden. Doch nach gerade mal einer Runde war nicht nur der Himmel verdunkelt, sondern kamen doch tatsächlich Tropfen aus diesen Wolken. Da fliegt man extra in den Sommer nach Südafrika und erwischt Regen – na super!

Naja, an einigen Stellen war es nur leicht feucht, an anderen doch deutlich mehr. Was soll´s dachte ich mir, wir haben hier doch einen Straßengummi drauf der auch damit klarkommen muss und bei der Präsentation hob man ja gerade diesen Nassgrip deutlich heraus. Also weiter ging´s, erst noch verhalten aber dann doch immer flotter.

Mega – war danach happy es als einer der wenigen durchgezogen zu haben. Nur einmal musste mich die Traktionskontrolle – welche ich auf Race-Pro lies – retten bzw. eingreifen. Ansonsten ging es nachhaltig voran und selbst in feuchten Passagen noch auf´s Knie. Gut, ich hab auch lange! Also mit dem S23 braucht keiner Angst haben, auf seiner Tour oder Hausstreckenrunde mal in den Regen zu kommen.

Eine Regenschauer konnte mir den Tag nicht vermiesen

Vierter Turn – leichtfüßig und stabil auf der BMW M1000R

Als nächstes wollte ich eigentlich die Honda CBR1000RR-R Fireblade mir schnappen, doch diese war wohl beim letzten Turn nicht mehr so fit und wurde aus dem Verkehr gezogen. Schade! Dann halt doch nochmal die brutale M1000R.

Der Reifen war nun auch schon 6 Turns mit jeweils gut 25 Minuten alt, was etwa 60 Runden entsprechen dürfte. Er sah jedoch noch immer völlig ungestresst aus, war super neutral und sehr leichtfüßig im Umlegen bei schnellen Richtungswechseln, ohne aber bei Volllast irgendwie nervös auf der Vorderhand zu werden. Lag vielleicht auch an den Flügeln der M, die entsprechenden Downforce erzeugen.

Sehr positiv fiel auf, dass beim Umlegen von einer tiefen Schräglage zur anderen Seite hin, man immer dasselbe gute Gefühl hatte. Man spürt keinen Mischungsübergang, selbst nach diesen vielen Runden, wo sich bei einigen Konkurrenz-Pneus in der Vergangenheit hässliche Kanten an den Übergängen bildeten. Auch bleit die M1000R in sehr schnellen Kurven stabil wie auf Schienen. Selbst kleine Unebenheiten brauchten keinen zusätzlichen Lenkimpulse.

Man kann den blumigen Marketingversprechungen von Bridgestone wirklich Glauben schenken, denn der S23 hat gerade in der Beschleunigungsphase deutlich zugelegt und schiebt nachhaltig mit toller Stabilität und Ruckmeldung an. Wer nach dem Turn dann aber spektakuläre Reifenabriebbilder posten möchte, wird enttäuscht sein. Denn der Gummi wirft bei weitem nicht mehr die Gummiwulste ab wie noch der S22 – sieht irgendwie unbeeindruckt von der ganzen Power aus.

Fünfter Turn – Spaß ohne Ende auf der KTM 1290 Super Duke R

Zum Schluss griff ich mir das Beast von KTM, welche weiterhin mit dem S23-Satz vom Morgen bereift war, zwar gebraucht aussahen, aber noch immer so als könne man nochmals solch einen Tag mit ihm bestreiten.

Aus meiner Sicht ist die 1290 Super Duke R der Grandmelder für solch einen Reifen. Kommt er mit ihr gut klar, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Pneu funktioniert. Denn zum einen setzt die Duke ihre Leistung brutal ein und zum anderen ist sie geometriebedingt eher nervöser in extrem schnellen Kurven – insbesondere wenn so ein großer Mops wie ich drauf sitzt.

Aber nichts da. Spielerisch und mit einer über alles erhabenen Sicherheit ging es um den Kurs. Ich konnte voll durchzeihen und in der schnellen Bergablinks durchweg am Gas bleiben. Zwar kam die Super Duke gefühlt leicht quer, konnte aber durch die Traktionskontrolle schön am Limit gehalten werden.

Gerade im Vergleich zum S22, welchen ich auch auf dem Beast seiner Zeit testete, macht der S23 einen Top Job. Die komplette Einheit gab mir solch ein Sicherheitsgefühl wieder, das ich mich nahezu unschlagbar fühlte und Runde um Runde an meinem persönlichen Limit bestritt – waren klasse Runden. Und am Ende des Tages sag der Gummi zwar gut gebraucht aus, wies aber keine Überganskanten oder andere störende Stellen auf, obwohl er gerade auf dem Beast von KTM, den ganzen Tag hart rangenommen wurde.

Fazit

Die Marketingversprechen der Hersteller sind immer so eine Sache. Sie suggerieren, dass alles besser wurde und man noch mehr Performance nun hätte, wobei einem dies doch damals beim Vorgänger auch schon versprochen wurde. Wohin soll das denn führen? Gib´s da keine Grenzen? Wohl wirklich nicht, denn beim neuen Bridgestone Battlax S23 kann man den Versprechen Glauben schenken und selbst fühlen. Der Neue japanische Hypersportsprössling ist wirklich ein großer Wurf und der richtige Gummi für Fans von hohem Gripniveau im Alltag, die auch mal in ein Regenschauer kommen. Er glänzt mit seiner Leichtigkeit und Harmonie, einer tollen Rückmeldung und Grip in allen Lagen, selbst vom Stand weg. Dazu bin ich mir sicher, dass auch in Punkto Laufleistung es nach oben geht, was allerdings noch auf einem ausgiebigen Landstraßentest zu validieren wäre.

Bilder vom Bridgestone Battlax S23 Test auf dem Kyalami Grand Prix Circuit

Bilder: Rainer Friedmann ‚Kraftrad‘, Bridgestone, Jonathan Godin

4 Kommentare

  1. Als nächstes wollte ich eigentlich die Honda CBR1000RR-R Fireblade mir schnappen, doch diese war wohl beim letzten Turn nicht mehr so fit und wurde aus dem Verkehr gezogen.

    was war da los? Die Honda verreckt? Japanische Technik halt.

  2. Zu der Frage „Geht da noch mehr?“. Unserer Meinung nach ja. Der S23 ist wahrlich ein Top Reifen, doch man muss das „Stabile“ mögen. Fährt sich aber wie auf Schienen, was sehr gut ist. Auch finden wir den Unterschied zum S22 zu gering, um einen neuen Reifen so dermaßen zu vermarkten wie es Bridgestone tut. Auch wenn es geringe Verbesserungen gab, so ist der Unterschied unserer Erfahrung nicht so enorm. Persönlich hat uns dieses Jahr der Michelin Power GP 2 sehr viel mehr beeindruckt. Haben diesen unter anderem mit dem S22 verglichen (beide auf Supersport). Vorteil des Power GP 2 ist seine Agilität und das Top Feedback, aber auch, dass es kein Aufstellmoment gibt. Beim S23 ist das doch zu spüren. Was wiederum für den S23 spricht ist der Preis, da er etwas günstiger als der Michelin ist.

  3. @Armin – Danke für Deine Rückmeldung. In der Tat ist der S22 schon richtig gut. Aber wenn der mal runtergefahren ist, dann würde ich – wenn Bridgestone gewünscht ist – direkt auf den S23 wechseln, da er einfach besser ist.
    Der Michelin GP2 ist wirklich auch nen Guter. Ich bin mir nur nicht sicher, ob der Mischungsübergang gegen Ende der Laufleistung ein Problem wird. Denn wer viel weichen Gummi nutzt, wird ne Kante bekommen.
    Unterm Strich, muss man eh mal alles nebeneinander auf einem Bike und der selben Strecke testen.

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