Nachdem ich hier im Fireblade-Forum mich etwas negativ über die Kawasaki ZX10-R geäußert hatte, kamen schnell einige WhatsApp-Nachrichten, Anfragen über Facebook und E-Mail bei mir an. Möchte daher kurz erläutern was ich mit „das Bike in sich schon komplett daneben ist“ meinte bzw. wie ich die Neue Zehner empfand.
Die Gelegenheit – Fahrt mit der 2016er ZX10-R
Vergangene Woche hatte ich die einmalige Gelegenheit im Rahmen der Bridgestone S21 Präsentation auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi, neben dem neuen japanischen Hypersportreifen auch einige aktuelle Supersportbikes zu testen. Hierbei muss man natürlich beachten, dass diese Bikes zum Teil von Händlern gestellt wurden, aus einem Pressefuhrpark stammten oder gar von Bridgestone gekauft waren – also ganz normale Bikes, die nicht speziell für mich oder den Rennstreckeneinsatz abgestimmt waren.
Da ich seit 1995 – damals meine ZX9-R – keine Kawa mehr bewegt hatte, fiel die Wahl für den ersten Turn sofort auf die 2016er Zehner.
Sitzposition und Übersicht waren gleich sehr vielversprechend. Die ZX10-R ist kompakt gebaut und positioniert den Piloten recht dicht an die angenehm montierten Lenkerenden. Der Kniewinkel fällt sportlicher, aber nicht unangenehm aus. Lenkkopfwinkel wurde zur Vorgängerin hin um ein halbes Grad auf 65 Grad verkleinert, was den Nachlauf um 3 Millimeter auf deren 107 reduzierte. Rahmen und Schwinge wurden weiter optimiert, was wohl gute 3 Kilogramm Einsparung brachte. Unterm Strich bringt die ABS-Zehner vollgetankt knapp über 200 Kilogramm auf die Waage. Dieses Gewicht verlagerten die Kawa-Ingenieure durch eine tiefere Sitzbank und Tank weiter zur Mitte. Dazu fällt das 998 Kubikzentimeter große Aggregat viel kompakter aus und ermöglichte eine um 20 Millimeter längere Schwinge, was in der Regel zu mehr Traktion führt.
Also, gleich mal den Drachen starten und warm laufen lassen. Läuft sehr ruhig und rund im Stand, klinkt potent und sportlich. Na dann Gang rein und hinterm Guide – Joshua Brookes – raus auf die Strecke. Der S21 war neu und ungewärmt, was aber zu keiner Zeit ein Problem war. Gefühlt wurde er jedenfalls innerhalb einer halben Runde warm und gab ausreichend Grip. Nach zwei drei Runden hieß es dann Feuer frei und der 32-jährige Australier zog mal richtig am Kabel.
Feuer frei – die ZX10-R bekommt freien Lauf
Nach Start-Ziel links und nochmals links, passt. Nun die schnelle langgezogene Rechts bergab, die 10er liegt ruhig und lässt sich schön auf Zug fahren. Anbremsen der Schikane aus gut 210 Kilometer pro Stunde auf 80, fühlt sich irgendwie komisch an. Es fehlt mir an etwas Rückmeldung vom Vorderrad. Links Rechts, puh, da muss man schon was tun um die Fuhre dort hin zu legen wo man will! Kurz Gas, runter in den ersten Gang und 180 Grad links am wohl langsamsten Teil der 5.554 Meter langen Strecke. Nun ging es auf ein längeres gerades Stück, also Drosselklappen voll auf, die Traktionskontrolle regelt sanft und unaufgeregt, und? Booooh, da kommt ja nichts, denk ich mir so! Nach gefühlten 2 Gedenksekunden kam dann der Schlag ins Genick und die Grüne zog mir die Arme lang.
Schnelle Zwischenschikane und wieder Gas. Hartes anbremsen auf die nächste langsame Schikane (ist halt doch ein Formel 1 Kurs mit Vollgas, hartes bremsen, Vollgas, hartes bremsen), geht bissig, präzise und ohne Tadel was sicher mit ein Verdienst der fein arbeitenden Anti-Hoppingkuppelung ist. Jedoch spürte man, gerade an dieser Stelle, mit der Zeit ein leicht wandender Druckpunkt. Lange Vollgas Rechts, einundzwanzig, zweiundzwanzig, Bäääm! Hier nahm mir später die Fireblade schnell mal 80 bis 100 Meter ab, bis ich endlich Power hatte, was nicht mehr aufzuholen war auf diesem Teilstück.
Anbremsen der nächsten Dreifachschikane und langsam gewöhn ich mich an die etwas „andere“ Rückmeldung der mächtigen Big-Piston-Fork Gabel. So ging es also auf der Bremse immer tiefer in die Kurven rein. Schnelles Umlegen links, rechts, links und wieder Gas. Verlief recht Reibungslos, aber insbesondere wenn kleinere Korrektur notwendig waren, musste schon etwas Einsatz gebracht werden um das Ziel doch noch zu treffen.
Weiter links und dann auf einem sehr schnellen Stück mit einer Doppelrechts in Richtung dem imposanten Hotel Yas Viceroy. Hier schnell unter der Hotelverbindung durch und ab in Richtung Boxengasseneinfahrt und Start-Ziel. Runde um Runde gewöhnte ich mich mehr an die teilweise anderen Eigenschaften der Zehner. Nach gut 20 Minuten war Schluss und es ging zurück in die Box.
Fazit
Die Zehner Ninja passt auf den ersten Blick nicht zu meinem Fahrstiel bzw. ich müsste sie deutlich länger bewegen um mich darauf einlassen zu können. Vergleich ich sie mit der R1, einer Panigale 959 oder 1299, dann fühlte ich mich hier deutlich schneller Wohl. Auf Highspeed-Strecken fährt man mit ihr sicher vielen davon – nicht von ungefähr wurden die Grünen Superbike Champion 2015 – aber auf winklicken Strecken oder gar auf kurvigen Bergpässen, möchte ich die ZX10-R nicht unbedingt bewegen. Sehr gewöhnungsbedürftig fand ich hier die Rückmeldung der Gabel und natürlich die spärliche Leistungsausbeute bzw. ungeschickte Übersetzungsverhältnisse unten rum.
Reifenseitig, wegen dem ich eigentlich hier war, möchte ich mir kein abschließendes Urteil erlauben. Fakt ist jedoch, dass ich mit anderen Bikes deutlich besser zurecht kam und der Reifen hier sein Potential eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte – der Testbericht folgt noch.
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