Ready für die Hausstrecke – Pirelli Diablo Rosso IV Corsa

Nacked-Bikes mit 180 Pferden und Drehmomenten die einem das Fürchten lehren, dazu Superbikes bei denen man mit 200 PS schon mit „Untermotorisiert“ belächelt wird, brauchen entsprechende Gummis um ihre Leistung adäquat einsetzten zu können. Und daher legt Pirelli auf ihren Diablo Rosso IV mit einem „Corsa“ noch was oben drauf. Laut der Mailänder Gummibrennerei ein Reifen für ambitionierte Straßenflitzer, die auf ihrer Runde auch mal in den Regen kommen könnten und bei Gelegenheit gerne auf´nem Trackday das Maximum rausholen wollen. Ich durfte diesen Hypersport Pneu für Euch auf kurvigen Bergpässen rund um das Autodromo Internazionale del Mugello sowie auf eben dieser italienischen Kathedrale des Motorsports antesten.

Das Mischungsverhältnis

Grundsätzlich arbeitet Pirelli mit zwei Mischungen pro Reifen, wobei im Vergleich zum 2021 eingeführten Rosso IV, die Flanken deutlich softer ausfallen sollen und es selbst bei größeren Dimensionen keine dritte Mischung gibt. 50 % des Vorderrades – also Lauffläche und ca. 25 Grad Schräglage – werden hierbei härter ausgelegt. Die jeweils restlichen 25% auf den Flanken mit einer weichen griffigen voll Silica-Gummimischung.

Hinten geht man einen anderen Weg und verwendet die Silica-Mischung in der Mitte – ca. 40% der Reifenfläche – für guten Nass-Grip und eine schnelle Aufwärmphase sowie aus der Slick-Technik (mit extrem viel Rußanteil) abgeleitete Mischung des SC3 auf den jeweiligen Flanken. Als „Unterlage“ wird weiter das von Pirelli patentierte Adaptive Base Compound (ABC) verwendet, welches thermisch sehr stabil sein soll und ein sensibles Feedback sicherstellt.

Mischungsverteilung am Vorderrad
Mischungsverteilung am Hinterrad

Der Style

Optisch muss ein Sportreifen auch einiges her machen, sollte dabei aber natürlich mit seinem Negativprofil auch genügend Flüssigkeit im Extremfall aufnehmen können. Legt man den letztjährigen Rosso IV daneben, so wird man auf die Schnelle nicht viel Unterschied feststellen. Das Hauptprofil weist wieder den markanten Blitz auf und seitlich gibt es kürzere und längere Rillen – beim flüchtigen Blick. Bei genauerer Betrachtung stellt man aber nun eine Unterbrechung des Blitzes fest und deutlich weniger Rillen an den Flanken. Unterm Strich sind hier gut 25% mehr Slick-Anteil zu finden!

Ein eher verstecktes Highlight ist die Multiradius Kontur aus den Race-Slicks. Hier wird für einen Teil der Lauffläche eine etwas spitzere Kontur verwendet, während sie zu den Schultern hin flacher wird. Dies soll die Aufstandsfläche in Schräglage vergrößern aber auch ein viel agileres einlenken ermöglichen.

Die Namensfindung

Begonnen hatte alles 2003 mit dem Diablo Corsa, der dann zum Diablo Rosso Corsa wurde und in seiner nächsten Version zum Diablo Rosso Corsa II. Parallel legte Pirelli einen nicht ganz so sportlichen Diablo Rosso auf, der „sauber“ durchnummeriert heute in der 4.Version an den Start geht. Um nun einen Gleichklang der Nummerierungen zu erreichen, verzichtet man auf römisch drei und passt die Folge an – also Diablo Rosso IV Corsa („Corsa“ kann man mit Wettrennen übersetzen). Übrigens klingt der Name von Italienern ausgesprochen extrem sexy – „Rosso Quattro Corsa“.

Beim Landeinsatz

Nicht so sexy war ich sicherlich unter meiner voll perforierten Lederkombi gekleidet, denn bei knapp 6 Grad am Morgen, ging es doch recht frostig auf die 3 Pässe-Tour rund um die Rennstrecke Mugellos. Sofort zu Beginn bewies 4er-Corsa, dass er wirklich keine lange Warmlaufzeit benötigt, denn auf den Passo del Giogo ging es gleich mal recht flott hoch. Auf der Triumph Speed Triple 1200 RR war unmittelbar zu fühlen, dass der Reifen hervorragend harmonierte. Egal ob schnell Wechsel oder enge Kehren, die Vorderhand war nie sperrig oder benötigte unnötige Kraft. Dabei war sie aber auch nicht zu handlich und nervös, sondern sportlich straff und präzises. Selbst beim Anbremsen im gefühlten ABS Regelbereich kam zu keiner Zeit Stress auf. Zweifel, dass der Reifen bei den herrschenden Temperaturen und teils schattigen Straßen nicht warm werden würde, waren spätestens nach dem ersten Halt beseitigt, denn beide Pneus waren schön handwarm.

Danach ging es flott weiter auf den Passo Della Raticorsa und dort zum Bikertreff Chalet Raticorsa. Wahnsinnig schnelle und kurvige Strecke auf der die RR-Speedy mit dem Pirelli Gummi grandios zusammenspielte und ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekam.

Nach einem leckeren Kaffee ging es auch schon wieder zurück zur Rennstrecke über den Passo della Futa. Reifen waren wieder erkaltet, aber nach gefühlt 3 flotten Kurven ausreichend warmgefahren, um nun im Sportmodus mit der RR-Speedy noch mehr aus dem Gummi zu reiben. Dabei musste man schon sehr digital die 125 Newtonmeter der Triumph einsetzten, um die Tractionscontrol zum Arbeiten zu bringen.

Eine wirklich sehr gute Paarung – Triumph Speed Triple 1200 RR

Im Renntrimm

Ehrfürchtig ging es am Mittag bei strahlendem Sonnenschein auf die Berg-und-Talbahn von Mugello. Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben, welch wunderschöne Strecke hier in die Toskana gezaubert wurde. Makelloser Asphalt, eine Boxenanlage die einem Mehrsternehotel nahe kommt, eine Streckenführung die flüssiger nicht sein könnte und eine Start-Ziel-Gerade die einen süchtig macht – einfach ein Traum!

Nicht umsonst zählt Mugello zu einem Highlight im MotoGP-Kalender und einer der schnellsten Strecken der Welt. Aber kann hier ein Straßenreifen standhalten? Auf der Honda CBR1000RR-R Fireblade und BMW S1000RR wollte ich es erfahren. Und ich nehm es gleich mal vorweg, er kann!

Besonders das Vorderrad begeisterte mich auch hier. Nie überfordert, extrem präzise auf der Bremse, sogar bis tief in den Scheitelpunkt hinein, selbst beim Tanz über den Asphalt stehts stabil und ohne Pendelneigung. Tja und Ende Start-Ziel beim Ankern aus gut 300 Km/h bleibt der Diablo Rosso IV Corsa vollkommen entspannt. Runde um Runde! Ein Blick auf´s Reifenbild vermitteltet am Ende des Tages einen eher gelangweilten Arbeitstag – Respekt.

Die Hinterhand kam mit der Leistung hervorragend klar und entwickelte mächtig Grip. Insbesondere auf der Fireblade ging es nur nach vorne ohne viel Eingriff der Elektronik. Einzig am Ende des Turns merkte man ein gewisses Nachgeben des Gummis was nach 6 Turns auch am Reifenbild zu erkennen war. Zwar waren nun die Mischungsübergänge deutlich sichtbar, beim Ein- und Umlegen spürte man hiervon jedoch nichts.

Denk ich nun an einen normalen Trackday, so könnte man entspannt auf Achse anreisen, seine Turns fahren, locker mit ausreichend Restgummi sich auf die Heimreise begeben und am Wochenende drauf mit dem Partner oder Freunden auf eine Mehrtagestour gehen.

Absolut Trackday tauglich der Pirelli Diablo Rosso IV Corsa

Die Zielgruppe

Pirelli hat mit dem Allrounder Sportreifen Rosso IV, dem nun präsentierten Hypersport-Reifen Rosso IV Corsa und dem ultrasportlichen Semislick Supercorsa SP, drei wirklich schnittige Sport-Gummis am Start. Aber welchen nehmen? Im Grunde recht simpel. Wer mehr auf Langlebigkeit und sportliche Tourenfahren aus ist, greift in der Pirelli-Familie zum Rosso IV. Motivierte Hausstreckenflitzer, die auch gerne mal einen Trackday auf Achse bestreiten und bei Regen nicht in Panik verfallen wollen, greifen sich den Rosso IV Corsa aus dem Regal. Während die, die es auf der Landstraße im Sommer wissen wollen, Verschleiß keine Rolle spielt und bei einem Trackday auch die schnelle Gruppe nicht scheuen, ziehen sich den Supercorsa SP auf.

Mein Fazit

Für mich war im Hause Pirelli immer der Supercorsa SP die erste Wahl. Nun würde mein Griff aber zum Diablo Rosso IV Corsa gehen, da er mehr Alltagstauglichkeit bei nahezu gleichem Grip auf der Straße bietet. Selbst bei wirklich kalten Temperaturen, macht der Pneu vom Stand weg Spaß und gibt einem das nötige Vertrauen. Insbesondere das Vorderrad begeisterte mich auf ganzer Linie.

Daumen hoch für den Pirelli Diablo Rosso IV Corsa

Impressionen der Pirelli Diablo Rosso IV Corsa Präsentation

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