MotoGP Weltmeistergeräte von Honda

RC213V (2012 bis heute)

Nachdem beschlossen wurde, bei den MotoGP-Motorrad-Weltmeisterschaften 2012 mit 1000-cm³-Maschinen zu fahren, konstruierten die Honda-Ingenieure ihre dritte brandneue MotoGP-Maschine.

Einmal mehr wurde das Motorrad auf der Grundlage des bei Vorgängermodellen erworbenen Know-hows konstruiert, und erneut war dies eine anspruchsvolle Aufgabe.

Honda hat nicht einfach nur die Motorleistung erhöht. Das Unternehmen beschloss, einen klaren Schnitt zur RC212V zu machen und einen komplett neuen 90-Grad-V4-Motor zu entwickeln. Die RC213V war nicht die erste 90-Grad-V4, den Honda konstruiert hatte. Schon die NR500 mit ihrem Ovalkolben-Motor wurde Anfang der 1980er-Jahre mit einem 90-Grad-V4 angetrieben, ebenso wie die Straßenmotorräder VF750, VFR750, RC30 und RC45 der 1980er- und 1990er-Jahre.

Ein 90-Grad-V4-Motor ist nicht so kompakt wie Motoren mit einem schmaleren Winkel. Doch Honda beschloss, dass die Vorteile dieses Motors dessen Nachteile überwiegen würden. Dabei wurde es als entscheidend angesehen, durch konstante Weiterentwicklungen am Design von Rahmen, Luftfilterkasten, Auspuff und Kraftstofftank das Außenmaß des Motorrads bestmöglich zu reduzieren.

Der große Vorteil von 90-Grad-V4-Motoren liegt in ihrem vergleichsweise sehr guten Massenausgleich. Dadurch laufen diese Motoren runder und sind widerstandsfähiger. In der Folge verbessern sich auch die Möglichkeiten der Leistungssteigerung, insbesondere wenn die Ingenieure mit Big-Bang-Zündfolgen arbeiten, um Leistung und Drehmoment bestmöglich zu optimieren.

Als die 1000er im Jahr 2012 erstmals in Mugello an den Start gingen, fuhr Dani Pedrosa mit der RC213V auf Anhieb eine 4,9 Sekunden schnellere Rundenzeit als beim MotoGP-Rekord von 2002. Er erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 342,9 km/h auf der Start-Ziel-Geraden und war damit satte 18,4 km/h schneller als mit der ersten RC211V. Diese Zahlen veranschaulichen nicht nur die deutlichen Leistungssteigerungen im Hochgeschwindigkeitsbereich, sondern auch die Verbesserungen bei allen Aspekten des Chassis-Designs und der Elektronik.

Im zweiten Jahr der 1000er startete erstmals Marc Márquez mit der RC213V. Dies war der Beginn einer Kombination, die mit ihren Erfolgen die folgenden Jahre in der MotoGP dominieren sollte. Im Jahr 2013 verhalf die RC213V dem jungen Spanier dazu, seit dem Sieg von „King“ Kenny Roberts 1978 der erste Rookie zu werden, der auf Anhieb den Weltmeistertitel gewann.

Von Beginn an gelang es Márquez, aus der RC213V mehr Speed herauszuholen, als jeder andere Fahrer vor ihm. Sein besonders aktiver, riskanter Fahrstil erlaubte ihm, im vollen Umfang von der beeindruckenden Bremsstabilität der Maschine zu profitieren. Genau damit gewann er jede Menge Zeit gegenüber seinen Konkurrenten.

Im Jahr 2014 konnte Márquez seine Dominanz weiter ausbauen und gewann 13 von 18 Rennen. Damit stellte er den bisherigen Rekord von Mick Doohan ein, den dieser im Jahr 1997 mit seiner Honda NSR500 aufgestellt hatte. Obwohl Márquez und Pedrosa im Jahr 2015 gemeinsam sieben Rennen gewannen, ging der Weltmeistertitel in jenem Jahr nicht an Honda. Für Honda war diese Saison ein vorübergehender Rückschlag, aus dem man sehr viel lernte, denn seitdem hat HRC mit Marc Márquez sämtliche WM-Titel für Fahrer- und Konstrukteure gewonnen.

Im Jahr 2016 wurden die MotoGP-Regeln abermals einer größeren Änderung unterzogen – die Bridgestone-Reifen wurden durch Michelin-Reifen und die werkseitige Elektronik durch vorgeschriebene Hardware und Software ersetzt, damit alle Fahrer die gleiche Steuerelektronik benutzen.

Diese Änderungen stellten die HRC-Ingenieure vor große Aufgaben, denn die vorgeschriebene MotoGP-Elektronik war nicht so effektiv, wodurch die Motorleistung beeinträchtigt wurde. Daher wurde der RC213V-Motor in den folgenden Jahren mehrmals umkonstruiert. Dabei wurden unter anderem die Richtung der Kurbelwellendrehung und die Zündfolge geändert, um die Leistungsabgabe besser kontrollieren zu können. Nötig wurde dies, da Hightech-Technologien von Honda, wie Traktionskontrolle und Anti-Wheelie-Software nicht mehr eingesetzt werden durften.

Die Aerodynamik wurde ebenfalls zu einem immer wichtigeren Faktor bei der MotoGP. Mit den neuen Aero-Designs wurde der Abtrieb am Vorderrad der RC213V konstant erhöht, um Wheelies so weit wie möglich zu reduzieren. In Rahmen dieser Entwicklungsschritte erwies sich Marc Márquez als wahrer Meister darin, sich in kürzester Zeit an diese unterschiedlichen Technologien anzupassen.

Im Jahr 2019 gelangen dem früheren Weltmeister in den Klassen 125 cm³ und Moto2 erneut 13 Siege in einer Saison, teilweise dank eines weiteren umfassenden Redesigns des Motors, das für mehr Spitzenleistung sorgte. Im Jahr 2019 wurde die schnellste RC213V vom LCR-Castrol-Honda-Fahrer Cal Crutchlow gesteuert, der eine Höchstgeschwindigkeit von 354,7 km/h erzielte, eine Verbesserung um 30,2 km/h im Vergleich zur ersten RC211V.

Márquez verpasste den Sieg beim Großen Preis von Italien 2019 nur knapp – er überfuhr die Ziellinie nur 0,04 Sekunden nach Danilo Petrucci. Zur Bewertung der Leistung sollte man jedoch die Dauer des gesamten Rennens mit der Eröffnungssaison der MotoGP vergleichen. Das Mugello-Rennen 2019 war bei gleicher Rundenzahl um satte zwei Minuten und sieben Sekunden kürzer als das Rennen im Jahr 2002.

Die Saison 2019 endete mit dem 56. MotoGP-Sieg von Marc Márquez beim Großen Preis von Valencia. Dies war zugleich der Sieg Nummer 81, der mit der RC213V in der acht Jahre und 145 Rennen dauernden 1000-cm³-Ära in der MotoGP errungen wurde. Ebenfalls mit diesem Motorrad erfolgreich waren außerdem die Fahrer Casey Stoner, Dani Pedrosa, Cal Crutchlow und Jack Miller.

Eines bleibt sicher: Sobald die neue MotoGP-Saison startet, werden Marc Márquez und seine Fahrerkollegen Alex Márquez, Cal Crutchlow und Takaaki Nakagami im engen Teamwork mit ihren Honda-Ingenieuren alles daran legen, um die Anzahl der Siege mit der RC213V so bald wie möglich auf 100 zu erhöhen.

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